Mittwoch, 27. Oktober 2010

Mal wieder gepflegt Kurbeln.

Den Entschleunigungs-Bogen kann man durchaus auch weiter spannen. Wenn du dich gejagt fühlst, probiers einfach analog. Nicht die schlechteste Art sich Zeit zu verschaffen. Kauf dir eine Armbanduhr mit Zeigern. Am besten ohne den für die Sekunden. Wer sich den überhaupt ausgedacht? Niemand brauch sowas. Es sei denn, du stockst dein Bafög mit Geld aus Franz-Jäger-Schränken auf. Und der Plan ging bei der Olsenbande ja auch nur manchmal auf. Einen Blick in die analoge Zeit bieten die Filme aber trotzdem. Was bringt es deinem Leben, wenn das Fenster im Auto selber hochfahren kann? Ach ja, es bringt Wirtschaftswachstum. Dein Auto wird schwerer, die Scheibe geht nicht hoch, wenn die Batterie alle ist, du musst in die Werkstatt, wenn an dem ganzen irgendwas spinnt, du verlernst was es bedeutet zu kurbeln, aber es muss sein. Du hast keine Wahl. Ich auch nicht, denn ich besitze kein Auto. Damit mir das keiner auf die Nase bindet, und meint ich ziehe mich in meiner Analog-Polemik nun schon wieder an Automobilen hoch, nur weil ich keins habe, werde ich versuchen, mich auch noch über andere Dinge lustig zu machen. Über solche die ich täglich benutzte, zum Beispiel, das macht am meisten Spaß. Sofort kommt mir die Brotschneidemaschine in den Sinn. Ein Musterbespiel der Alltagskultur in der westlichen Welt. Um mich diesem Gerät einmal im Jahr zu entziehen, fahre ich im Sommer gerne Zelten. Das ist einer der Hauptgründe, glaubt es mir. Der Urlaub fängt an wenn ich früh im Dreck sitze und vor mir die schief geschnitte Bemme liegt. Manchmal blogge ich auch analog. Davon wisst ihr nichts? Nun, das Buch in dem ich das mache, hat noch kein WLAN. Schon blöd. Oder letztens in Leipzig, hab ich mir am Kiosk Google-Maps-analog geholt. Herrlich, so eine Karte. Vorteile hat das keine, kann schon sein. Aber es verschafft dir Erlebnisse. Nichts nervt dich mehr, als nachts im Dunkeln bei übelstem Wind auf so einem Ding eine Straße zu finden. Meistens kommt in so einem Moment jemand des Weges und hilft dir den Weg zu finden, weil du dich mit deinem Falt-Navi als Unwissender outest. Hat dich schonmal jemand gefragt, ob er dir helfen kann, als du auf dein Handy gestarrt hast? Nein. Du hättest denjenigen also nicht kennengelernt. Die Fortschrittsgläubigen werden an dieser Stelle einwerfen, dass man auch gleich nach dem Weg fragen kann, oder mit dem Mobiltelefon eben den Weg schon lange gefunden hätte. Aber darum geht es hier überhaupt nicht. Es geht um die Nachteile analoger Dinge und wie umständlich dein Leben ist, wenn du hoffnungslos altmodisch bist. Es ist wie mit der Schallplatte: Sie ist viel zu groß, du kannst nicht besonders einfach die Lieder wechseln und sie kostet mehr als ein illegaler Download. Warum wird sie also immer noch gekauft? Es ist ganz einfach: Sie zwingt dich. Nicht sie zu kaufen, sondern bewusst Musik zu hören. Wer setzt sich noch abends hin und hört nur Musik? Musik wird nebenbei gehört, während du deine täglichen Stunden im Internet verbringst. Legst du abends eine Platte auf und setzt dich in deinen Sessel, entspannt das. Genauso wie abends stundenlang Zeitung lesen. Im Internet klickst du von Artikel zu Artikel, überfliegst alles und schaust zwischendurch ständig etwas bei wikipedia nach. Was bleibt am Ende hängen? Bei mir nicht viel. Schön bestimmt noch, wo in der FAZ keine Bilder waren. Letztendlich geht es doch um Inhalte, ausführliche Berichte. Stell dir vor, du liest ein Buch, wo jede zweite Seite illustriert ist. Das will doch kein Mensch.

3 Kommentare:

SEB hat gesagt…

Lieber Herr Eidechs,

um es kurz zu machen - Ihre Doppelmoral kotz mich an. Besonders deutlich wird das bei dem Abschnitt über das überflüssige Brotschneidegerät und die Flucht vor selbigen in den Campingurlaub. Aber wie sieht denn der Campingurlaub eines Herrn Eidechs überhaupt aus. Er leiht sich den Volkswagen vom Vater (natürlich mit elektrischen Fensterhebern) oder nimmt das Motorrad. Das einzig analoge dabei ist der Haufen Kleinholz, der entsteht, wenn besagter Herr ein Kfz führt. Das Mobiltelefon ist natürlich auch dabei. Ähnlich verhält es sich mit dem Campingkocher, weil der gute Herr nicht einmal in der Natur auf ein warmes Fertiggericht aus industrieller Produktion verzichten kann. So ein Schnellgericht steht der von Ihnen propagierten Entschleunigung aber massiv im Wege.
Das einzige was bei Ihnen "gepflegt kurbelt" ist der Stromzähler im Keller.

PS Ich komm dieses Wochenende mal wieder bei Ihnen vorbei gekurbelt- mit dem Rad natürlich!

Hochachtungsvoll

Herr SEB

..schraubstock hat gesagt…

Manchen entgeht eben die Ironie.

Anonym hat gesagt…

ä draum :-)
deinen beitrag übers radeln habe ich schon beim fahrradladen meines vertrauens abgegeben, so schön fand ich den....
und ja, irgendwie macht man mit, auch wenn man das alles ziemlich gestört findet. ich denke aber es fehlt deswegen nicht an konsequenz, sondern solang nicht in größerem umfang entschleunigt wird, kann es sich der einzelne leider nicht leisten, die frage ist nur wie zum geier man so einen anfang finden könnte! manche sagen, ohne einen großen knall (wie auch immer der aussieht) wird das nicht klappen, leider....